Das »Demokratie-Mobil« bietet ein breites Spektrum von Themenangeboten zu u. a. Radikalisierung im Netz, Antisemitismus, Umgang und Erkennen von Fake News, Abbau von Vorurteilen Queeres Leben, Feminismus, an. Das »Demokratie-Mobil« richtet sich vorwiegend an Jugendfreizeiteinrichtungen, Schulen, Eltern, Berufsbildungszentren, Jugendbildungsstätten, Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe sowie an Fachschulen. Die Nutzung des »Demokratie-Mobils« kann beim Träger angefragt werden: demokratie-mobil.berlin
Fünf Beispiele aus den Angeboten für (Schul-)Workshops:
Frauen von Medina
Der Islam kennt eine weitaus größere Bandbreite an Rollen, die Frauen in der Gesellschaft einnehmen können, als die heute bekannten und proklamierten. Bereits zu der Zeit des Propheten Mohammed gab es Frauen, die als Imaminnen gearbeitet haben, die mit in den Krieg gezogen sind oder als Geschäftsfrauen sehr erfolgreich waren. All dies wurde im Laufe der Jahrhunderte verpatriarchalisiert und ist in Vergessenheit geraten lassen worden. Heute ist die Rolle der Frau im „Mainstream“- Islam sehr eng zugeschnitten auf den häuslichen Bereich und der Kindererziehung. Im Workshop „Die Frauen von Medina“ wird es darum gehen, die Entstehung der stark patriarchalen Strukturen im Islam zu verstehen und zu hinterfragen.
Denn viele Regelungen – insbesondere zur Rolle der Frau – sind erst viele Jahrhunderte nach dem Tod des Propheten Mohammed entstanden. Durchführen wollen wir die Workshopreihe mit der Lektüre des dänischen Islamwissenschaftlers Jesper Petersen, der viele Jahre zu dem Thema „Frauen im Islam“ geforscht hat und eine erstaunliche Zahl an einflussreichen Frauen in der islamischen Geschichte gefunden hat.
Muslimischer Antisemitismus
Der Workshop ‚Muslimischer Antisemitismus’ wird auf die jeweilige Zielgruppe und deren Erfahrungs- und Wissensstand zum Thema Antisemitismus angepasst. Zentrale Fragen sind dabei, was unter dem Phänomen Antisemitismus verstanden wird und wie sich antisemitisches Gedankengut aus verschiedenen Strömungen äußern kann.
Zudem soll eine Differenzierung zwischen Antisemitismus und Kritik an der Politik des israelischen Staates herausgearbeitet werden. Wir nutzen hierfür Medieninhalte von Social Media Plattformen, um Codes sichtbar zu machen, wie Antisemitismus im Alltag erkannt und reflektiert werden kann.
Islam und Queer
Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit im Islam – für viele geht das nicht zusammen. Das gilt sowohl für Menschen, die von außen auf ihn schauen, als auch für Menschen, die ihn von innen kennen, ihn selbst leben. Aber auch unter Muslim*innen wird Homosexualität und andere, vielfältige Formen der sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität gelebt. Unser Workshop ‚Islam und Queer‘ geht auf gängige Vorurteile, Klischees und Herausforderungen ein, die sich aus dieser Verbindung ergeben.
In Anknüpfung an die Frage, was unsere eigene Identität ausmacht, sollen die Schüler*innen dazu angeleitet werden, andere Identitäten zu akzeptieren – auch wenn sie mit den eigenen Vorstellungen nicht übereinstimmen. Dafür sprechen wir nicht nur über die Geschichte der Homosexualität im Islam und ihre Bedeutung für die Religion insgesamt, sondern auch über die Dynamiken vorurteilsbehafteten Denkens.
Salafismus vs. Rechtsextremismus
Ideologien der Ungleichwertigkeiten sind sowohl in Deutschland als auch global gesehen weit verbreitet. Ziel dieser demokratie- sowie menschenfeindlichen Ideologien ist die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Verfassungsordnung und den damit einhergehenden Grund- und Menschenrechten, wie die Auflösung der Menschenwürde oder auch die Aufhebung der Geschlechtergleichstellung.
So sehr sich verfassungsfeindlichen Ideologien im äußeren Erscheinungsbild unterscheiden, teilen sie im Kern offenkundig mehr gemeinsame ideologische Feindbilder als man vielleicht zunächst anders erwarten würde. Besonders deutlich wird dies bei zwei politischen Ideologien: Salafismus und Rechtsextremismus. Der Salafismus — als eine extrem-orthodoxe Strömung innerhalb des Islam — sowie der Rechtsextremismus propagieren demokratie- sowie menschenfeindliche Weltbilder wie z.B. gegen das (westliche) Frauenbild, gegen Homosexuelle oder auch gegen Juden.
In diesem Workshop geht es um das Herausarbeiten der Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede beider Ideologien, um Jugendliche und jungen Heranwachsenden ein kritisches Problembewusstsein zu vermitteln.
Persepolis
Wie ergeht es den Menschen in einem Land, wenn nach einem politischen Umbruch plötzlich Freiheitsrechte eingeschränkt werden? Wie wachsen junge Menschen in diesen Ländern auf? Wie ergeht es ihnen auf der Flucht vor repressiven politischen Systemen, welche Schwierigkeiten können bei der Integration im neuen Land auftreten? Unser Workshop „Persepolis für den Unterricht“ versetzt Schüler*innen in die Lage, sich zu solchen Fragen kritisch zu positionieren.
Anhand der Graphic Novel ‚Persepolis‘ von Marjane Satrapi werden Handlungsmöglichkeiten in einem nicht-demokratischen System diskutiert. Es sollen wertgebundene politische Urteile erlernt und erprobt werden. Diese ermöglichen neue Perspektiven auf unser demokratisches System: Was an ihm schätzens- und schützenswert ist, aber in der Selbstverständlichkeit oft verschwindet.
Der Workshop orientiert sich an der Leitfrage: „Anpassung oder Widerstand? Individuelle und kollektive Handlungsspielräume in nicht-demokratischen Staaten“. Das Klassenzimmer ist kein neutraler Raum, denn es ist der demokratischen Grundordnung verpflichtet. Das heißt aber auch, dass jede*r sich angstfrei positionieren darf und soll. Unsere Methoden werden die Schüler*innen dabei unterstützen.
Stimmen bei der Vorstellung des »Demokratie-Mobils« (2024)
Katharina Günther-Wünsch (CDU), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin:
»Angesichts der aktuellen Lage müssen wir junge Menschen befähigen, Meinungsvielfalt als wertvoll und schützenswert anzuerkennen und sachliche Kritik respektvoll und ohne Gewalt miteinander auszutauschen. Mit insgesamt 300.000 € initiiert und finanziert die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie das Demokratie-Mobil, damit ab sofort Berliner Jugendfreizeiteinrichtungen und Schulen kostenfrei in der Demokratiebildung gestärkt und Räume für den politischen und gesellschaftlichen Diskurs geschaffen werden.«
Falko Liecke (CDU), Staatssekretär für Jugend und Familie in Berlin:
»Heute setzen wir mit dem Demokratie-Mobil ein deutliches Signal an Jugendliche, sich für diese Demokratie einzusetzen, sie zu verstehen und zu schützen. Die großen weltweiten Konfliktlagen spiegeln sich auch in unseren Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen wieder, Diskurs mit Argumenten und Fakten stehen im Vordergrund und sind jetzt mehr denn je gefragt. Aber auch die Feinde unserer Demokratie müssen klar benannt und deren Strategien offengelegt werden. Das ist Ziel und Aufgabe unserer Jugendstrategie, die aus vielen Modulen wie die Kinder- und Jugendbüros, Kinder- und Jugendparlamente, politische Jugendbildung in Jugendbildungsstätten oder die Beteiligung im Berliner Jugend-Demokratiefonds besteht. Damit machen wir Demokratie für Jugendliche erlebbar und gestaltbar unter den Werten Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.«
Seyran Ateş, Geschäftsführerin Mernissi-de Gouges Bildungs- und Sozialwerk:
»Wir stellen zunehmend unter jungen Menschen religiöse und politisch motivierte demokratiefeindliche Tendenzen fest, das ist mehr als besorgniserregend. Denn unsere Demokratie wird dadurch mehr und mehr in Frage und zur Disposition gestellt. Unser Ziel ist es, fern von Belehrung ein demokratisch-freiheitliches Denken und Sprechen zu vermitteln. Demokratiebildung ist uns eine Herzensangelegenheit. In diesem Sinne wollen wir Kindern und Jugendlichen helfen, ein Gefühl für die Demokratie zu entwickeln.«