In der Ausgabe Kein islamisches Sonderarbeitsrecht – Äquidistanz des Staates zu Kirchen und Moscheen: Religiöses Sonderarbeitsrecht jetzt abschaffen! heisst es:
Verfassungsgebot der Gleichbehandlung: Was bedeutet das für den Islam?
[…] In der Debatte um den Status und die Rechte islamischer Sozialträger haben Vertreter der Islamischen Theologie mit Bezug auf das katholische Sonderarbeitsrecht folgerichtig angeregt, dass konkretisiert werden müsse, inwiefern islamische Träger in das Privatleben ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingreifen dürfen (Ceylan/Kiefer: Muslimische Wohlfahrtspflege in Deutschland, 2016). Dies würde jedoch erhebliche Probleme schaffen: Die Einheit der Rechtsordnung wäre gefährdet, da das individuelle und kollektive Arbeitsrecht durch zusätzliche religiös basierte Vorgaben weiter aufgespalten würde.
Islamische Sonderarbeitsrechte
Klare, einheitliche Regelungen für ein islamisches Sonderarbeitsrecht liegen nicht vor. Hier ist eine Skizze der möglichen neuen islamischen Nebenrechtsordnungen: Ein schiitisch geprägtes Sonderarbeitsrecht könnte je nach Binnenregelung des Sozialträgers verschiedene Vorschriften umfassen, die den Arbeitsalltag und die Privatsphäre von Beschäftigten und ihren Angehörigen stark beeinflussen. So gibt es bei Zwölfer-Schiiten oder Siebenerschiiten strikte Regelungen zu religiöser Kleidung und Essenspflichten, Gebetspflichten sowie klare Vorgaben hinsichtlich Homosexualität und sexueller Selbstbestimmung. Geschlechtertrennung und die Ungleichbehandlung von Frauen sind ebenfalls prägend. In schiitischen Arbeitsstrukturen gibt es eine religiöse Hierarchie, die bis zum obersten religiösen Führer reicht, z. B. einem Ayatollah. Diese Hierarchien beeinflussen das Arbeitsleben, insbesondere durch religiöse Vorgaben, die die Freiheit und Gleichberechtigung der Beschäftigten und ihrer Angehörigen beschränken. In Deutschland stammen die meisten Schiiten aus dem Iran, dem Libanon und dem Irak. Der in diesen Herkunftsländern praktizierte schiitische Islam könnte Einfluss auf die Ausgestaltung der schiitischen Sonderarbeitsrechte und Normen in Deutschland nehmen.Die religiösen Loyalitätsanforderungen sind je nach sunnitischer Rechtsschule (Madhhab) unterschiedlich stark ausgeprägt. Strikte Vorschriften zu Bekleidung, Essgewohnheiten und Gebetszeiten könnten ebenfalls den Arbeitsalltag bestimmen und die NichtKonformität mit den sunnitischen Normen mit disziplinarischen Maßnahmen sanktioniert werden. Zu den wichtigsten Herkunftsländern für Sunniten in Deutschland gehören die Türkei, Syrien, Bosnien-Herzegowina, Afghanistan, Pakistan, Albanien und Tunesien. Der in diesen Herkunftsländern praktizierte sunnitische Islam könnte die Sonderarbeitsrechte und Normen der Religionsgemeinschaften in Deutschland beeinflussen. Im Fall des größten Islamverbandes in Deutschland ist dies sogar sehr wahrscheinlich: Denn die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) untersteht der direkten Kontrolle der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die wiederum von der türkischen Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan gesteuert wird.
Zusätzlich gibt es im sunnitischen Islam weitere Strömungen, wie den Salafismus und Wahhabismus. Diese Strömungen fordern eine Rückbesinnung auf den „reinen“ Islam der Frühzeit und könnten zu besonders restriktiven Regelungen führen, insbesondere im Hinblick auf Homosexualität, sexuelle Selbstbestimmung, Geschlechtertrennung und die Rechte von Frauen.
Unter den Sondergruppen ist die Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland (AMJ) hervorzuheben, da ihr von den Landesregierungen in Hessen (2013) und Hamburg (2014) Körperschaftsstatus verliehen wurde. Der oberste Kalif sieht sich als Mohammed-Nachfolger und trat mehrfach mit diskriminierenden Äußerungen über Konfessionsfreie und Atheisten hervor. Aus ihren Einrichtungen in Deutschland sind fundamentalistische, islamistische und demokratiefeindliche Inhalte dokumentiert; so wird ein „Endsieg des Islam“ angestrebt. Die damit verbundenen Normen könnten Ahmadiyya-Sonderarbeitsrechte prägen. […]
Die Ausgabe Kein islamisches Sonderarbeitsrecht – Äquidistanz des Staates zu Kirchen und Moscheen: Religiöses Sonderarbeitsrecht jetzt abschaffen! enstand im Rahmen des Projektes Artikel 140 und kann in der Rubrik Konfessionsfrei Kompakt kostenlos heruntergeladen werden. (PDF)