»Die Deut­sche Islam­kon­fe­renz soll­te auf­ge­löst wer­den!«

»Die deutsche Islampolitik ist weitgehend gescheitert, denn sie hat Integration behindert und Extremisten gestärkt«, sagen Lale Akgün (SPD) und Ali Ertan Toprak (CDU). Mit dem prominent besetzten »Arbeitskreis Politischer Islam« (AK Polis), der heute erstmals an die Öffentlichkeit gegangen ist, fordern sie unter anderem die Auflösung der »Deutschen Islamkonferenz«.
Foto vom Gründungstreffen des AK Polis in Oberwesel, im Vordergrund Lale Akgün und Ali Ertan Toprak (23.11.2024. Foto: Ricarda Hinz)
Foto vom Gründungstreffen des AK Polis in Oberwesel, im Vordergrund Lale Akgün und Ali Ertan Toprak (23.11.2024. Foto: Ricarda Hinz)

Pro­mi­nent besetz­ter Arbeits­kreis for­dert neue Islam‑, Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­po­li­tik

Die »Deut­sche Islam­kon­fe­renz« (DIK) wur­de 2006 vom dama­li­gen deut­schen Innen­mi­nis­ter Wolf­gang Schäub­le ins Leben geru­fen, um einen nach­hal­ti­gen Dia­log zwi­schen dem Staat und den in Deutsch­land leben­den Mus­li­men zu ermög­li­chen. Schäubles Amts­nach­fol­ger Tho­mas de Mai­ziè­re (CDU), Hans-Peter Fried­rich (CSU), Horst See­ho­fer (CSU) und Nan­cy Fae­ser (SPD) setz­ten die DIK fort, die sich aktu­ell in ihrer fünf­ten Pha­se befin­det.

Eine sechs­te Pha­se der DIK soll­te es nach Auf­fas­sung des AK Polis nicht mehr geben. Eini­ge Mit­glie­der des Arbeits­krei­ses wie Hamed Abdel-Samad, Sey­ran Ateş, Ralph Ghad­ban, Necla Kelek, Ahmad Man­sour, Sineb El Mas­rar und Ali Ertan Toprak spre­chen dabei aus eige­ner Erfah­rung, da sie selbst an der Deut­schen Islam­kon­fe­renz betei­ligt waren. »Nach fast 20 Jah­ren soll­ten sich die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen ein­ge­ste­hen, dass das Expe­ri­ment der Deut­schen Islam­kon­fe­renz geschei­tert ist!«, heißt es dazu aus dem »Arbeits­kreis Poli­ti­scher Islam«, der heu­te mit sei­ner Web­site ak-polis.de online gegan­gen ist. »Durch ihren Fokus auf kon­ser­va­ti­ve bis reak­tio­nä­re Islam­ver­bän­de hat die DIK die Inte­gra­ti­ons­po­li­tik sogar sabo­tiert, da sie aus­län­di­schen Regie­run­gen und Bewe­gun­gen wie den Mus­lim­brü­dern noch grö­ße­ren Ein­fluss ver­schaff­te. Des­halb soll­te die Deut­sche Islam­kon­fe­renz nach der kom­men­den Bun­des­tags­wahl auf­ge­löst und die frei wer­den­den Haus­halts­mit­tel in die regu­lä­re Inte­gra­ti­ons­po­li­tik über­führt wer­den! Denn Inte­gra­ti­on wird nicht durch staat­li­che Islam­för­de­rung erreicht, son­dern durch eine effek­ti­ve Ver­mitt­lung von Spra­che, Bil­dung und Arbeit.«

Isla­mis­mus und Rechts­extre­mis­mus ver­stär­ken sich gegen­sei­tig

Neben der Auf­lö­sung der DIK for­dert der AK Polis die Ein­set­zung eines »Exper­ten­krei­ses Poli­ti­scher Islam« bei der Bun­des­re­gie­rung. Ein ähn­li­ches Gre­mi­um wur­de 2022 von Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Nan­cy Fae­ser mit der Begrün­dung auf­ge­löst, dass es dafür kei­nen Bedarf gebe. Dem­ge­gen­über stellt der AK Polis fest: »Der Poli­ti­sche Islam ist zu einer Bedro­hung für die Frei­heit und Sicher­heit in Deutsch­land gewor­den. Das Pro­blem durch­dringt wei­te Tei­le des gesell­schaft­li­chen Lebens und zeigt sich unter ande­rem im isla­mis­ti­schen Mob­bing in Schu­len, in Gewalt gegen­über Frau­en und Homo­se­xu­el­len, in der Ein­schüch­te­rung von Isla­mis­mus­kri­ti­kern und Ex-Mus­li­men, in der Ver­brei­tung isla­mis­ti­scher Pro­pa­gan­da im digi­ta­len Raum, in der poli­ti­schen Ein­fluss­nah­me von Isla­mis­ten über Par­tei­en, Ver­bän­de und Moscheen, in Kali­fats-Demos, Anti­se­mi­tis­mus und Ter­ror­an­schlä­gen. Die Baga­tel­li­sie­rung die­ser Bedro­hung durch die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen muss ein Ende haben, denn sie hat nicht nur zum Erstar­ken des Isla­mis­mus, son­dern auch des Rechts­extre­mis­mus in Deutsch­land bei­getra­gen.«

Die Ent­schei­dung des Arbeits­krei­ses, nun an die Öffent­lich­keit zu gehen, hängt auch damit zusam­men, »dass rechts­po­pu­lis­ti­sche bis rechts­extre­me Kräf­te das Pro­blem des Poli­ti­schen Islam zuneh­mend instru­men­ta­li­sie­ren, um mus­li­men- und frem­den­feind­li­che Posi­tio­nen gesell­schafts­fä­hig zu machen«, sagt der Vor­sit­zen­de der Giord­a­no-Bru­no-Stif­tung Micha­el Schmidt-Salo­mon, der eben­falls Mit­glied des AK Polis ist. »Isla­mis­mus und Rechts­extre­mis­mus schau­keln sich gegen­sei­tig hoch. Jeder isla­mis­ti­sche Anschlag treibt die Zustim­mung für die AfD in die Höhe, jede wei­te­re Zustim­mung für die AfD sichert den Isla­mis­ten neue Unter­stüt­zer. Es ist höchs­te Zeit, aus die­ser Eska­la­ti­ons­spi­ra­le aus­zu­bre­chen. Dies wird aller­dings nur gelin­gen, wenn die eta­blier­ten demo­kra­ti­schen Par­tei­en die erfor­der­li­chen poli­ti­schen Maß­nah­men ergrei­fen, um die­ses Land sowohl vor reli­giö­sen als auch vor natio­na­lis­ti­schen Extre­mis­ten zu schüt­zen.«

Par­tei­über­grei­fen­des und welt­an­schau­lich plu­ra­les Netz­werk

In der Grund­satz­re­so­lu­ti­on, die der AK Polis bei sei­ner Grün­dungs­ver­samm­lung im ver­gan­ge­nen Novem­ber erar­bei­tet hat, fin­den sich vie­le kon­kre­te Vor­schlä­ge, mit denen sich die Gefah­ren des Poli­ti­schen Islam ein­däm­men und die frei­heit­lich-demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung sowie die Reli­gi­ons- und Welt­an­schau­ungs­frei­heit stär­ken lie­ßen. Die not­wen­di­ge Exper­ti­se wird man dem AK Polis kaum abspre­chen kön­nen, denn in ihm enga­gie­ren sich Exper­tin­nen und Exper­ten, die die kri­ti­sche Debat­te über die deut­sche Islam‑, Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­po­li­tik in den letz­ten Jah­ren maß­geb­lich geprägt haben. Dabei fin­det man unter den Mit­glie­dern des AKs sowohl gläu­bi­ge Mus­li­min­nen wie Sey­ran Ateş (Ima­min der libe­ra­len Ibn-Rushd-Goe­the-Moschee Ber­lin) wie auch dezi­dier­te Nicht-Mus­li­min­nen wie Mina Aha­di (Vor­sit­zen­de des Zen­tral­rats der Ex-Mus­li­me).

»Wir sind ein par­tei­über­grei­fen­des und welt­an­schau­lich plu­ra­les Netz­werk«, erklä­ren Lale Akgün und Ali Ertan Toprak. »Natür­lich sind wir uns nicht in jedem Punkt einig, aber uns allen ist klar gewor­den, dass wir nur gemein­sam eine zukunfts­fä­hi­ge Islam‑, Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­po­li­tik auf den Weg brin­gen kön­nen. Mit der Grün­dung des AK Polis haben wir ein ers­tes Etap­pen­ziel erreicht. Bei der Ent­wick­lung der über­fäl­li­gen Refor­men wer­den wir der künf­ti­gen Bun­des­re­gie­rung ger­ne bera­tend zur Sei­te ste­hen.«


Wei­te­re Infor­ma­tio­nen

Sach­stand AK Polis | Nr. 2 | 31. Janu­ar 2025: Deut­sche Islam­kon­fe­renz (DIK) auf­lö­sen und inte­gra­ti­ons­po­li­tisch main­strea­men (PDF)