Islam und Demo­kra­tie: Drei Ent­wick­lungs­op­tio­nen für die mus­li­mi­sche Welt – Ein NZZ-Gast­kom­men­tar von Kacem El Ghaz­z­ali

In der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 16. Januar 2025 erschien der Artikel »Islam und Demokratie – die muslimische Welt befindet sich in einer Sackgasse« von Kacem El Ghazzali.

El Ghaz­z­ali ana­ly­siert die Span­nun­gen zwi­schen demo­kra­ti­schen Prin­zi­pi­en und isla­mi­schen Tra­di­tio­nen. Er sieht einen Wider­spruch zwi­schen Poten­zi­al und Wirk­lich­keit, der theo­lo­gi­schen und poli­ti­schen Gegen­sät­zen ent­springt. Zen­tral sei der Kon­flikt zwei­er Sou­ve­rä­ni­täts­kon­zep­te: Der demo­kra­ti­schen Volks­sou­ve­rä­ni­tät ste­he die gött­li­che Sou­ve­rä­ni­tät («haki­mi­ya») gegen­über. Er skiz­ziert drei mög­li­che Ent­wick­lungs­pfa­de für die isla­mi­sche Welt:

1. Isla­mi­sche illi­be­ra­le Demo­kra­tie

Dar­un­ter ver­steht er ein Sys­tem, das demo­kra­ti­sche Wah­len zulässt, aber Geset­ze und poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen an die Scha­ria bin­det. Min­der­hei­ten wer­den hier nicht als gleich­be­rech­tig­te Bür­ger ange­se­hen, son­dern als »Dhim­mis«, gedul­de­te Sub­jek­te mit ein­ge­schränk­ten Rech­ten.

2. Auto­ri­tä­re, natio­na­lis­ti­sche Regime

Sys­te­me wie die der Baat­his­ten oder Kema­lis­ten, die Reli­gi­ons­frei­heit durch auto­ri­tä­re Kon­trol­le sichern, jedoch eth­ni­sche Exklu­si­vi­tät beto­nen und demo­kra­ti­sche Teil­ha­be ein­schrän­ken.

3. Libe­ral-demo­kra­ti­sche Bewe­gun­gen

Bewe­gun­gen wie in Tune­si­en oder Marok­ko, die Volks­sou­ve­rä­ni­tät mit ver­fas­sungs­recht­lich garan­tier­ten indi­vi­du­el­len Rech­ten ver­bin­den wol­len. Sol­che Kräf­te sei­en jedoch oft mar­gi­na­li­siert.

El Ghaz­z­ali zieht den Schluss, dass die isla­mi­sche Welt in einer Sack­gas­se steckt und ein wich­ti­ges Ele­ment fehlt:

Zwi­schen anti­de­mo­kra­ti­schen Isla­mis­ten, pseu­do­sä­ku­la­ren Auto­kra­ten und einer ver­schwin­dend klei­nen libe­ra­len intel­lek­tu­el­len Eli­te fehlt der eigent­li­che Motor der Demo­kra­tie – eine auf­ge­klär­te libe­ra­le Mit­tel­schicht.

Wei­ter­le­sen in der Neu­en Zür­cher Zei­tung (NZZ): »Islam und Demo­kra­tie – die mus­li­mi­sche Welt befin­det sich in einer Sack­gas­se« (archi­viert)

Kacem El Ghaz­z­ali ist Ver­tre­ter des Cen­ter for Inquiry (CFI) beim Uno-Men­schen­rechts­rat. Das CFI setzt sich welt­weit für säku­la­ren Huma­nis­mus ein.